Ostrau

Der Ortsname Ostrau (altsorbisch Ostrov: Insel, Werder, Horst) geht auf eine slawische Siedlungsinsel zurück, Vorläufer der heutigen Schlossinsel. 1125 wurde der Ort erstmals urkundlich erwähnt. Nach diversen Besitzerwechseln erwarb 1585 Achaz von Veltheim Ostrau. Unter seiner Herrschaft wurde das dreiflügelige Wirtschaftsgebäude errichtet, das bis zu einem Brand im Jahr 1976 die Schlossinsel dominierte.

Noch heute wird Ostrau von der Schlossinsel mit seinem Barockschloss und dem umgebenden weitläufigen Park geprägt. Zum Denkmalensemble zählt auch die Kirche des Ortes. Schloss, Park und Kirche gehen zurück auf das über drei Jahrhunderte währende Wirken der Familie von Veltheim.

Als Architekt des Barockschlosses Ostrau gilt der damalige Kurfürstlich-Hannoverschen Hofarchitekten Louis Rémy de la Fosse (1659–1726). Es wurde seit 1710 errichtet und zählt heute zu den überregional bedeutsamen Denkmälern des Landes Sachsen-Anhalt.

Der über 14 Hektar große Schlosspark Ostrau kann in seinem Kernbestand den frühen Landschaftsgärten („englischer Garten“) zugerechnet werden. Als einer der Standorte der „Gartenträume – Historsiche Parks in Sachsen-Anhalt“ gehört er zu den besonders sehenswerten historischen Parks und Gärten des Landes.

Die 1704 eingeweihte Evang. Patronatskirche Ostrau beeindruckt durch ihre aufwändig gearbeitete Innenausstattung mit filigranen Schnitzwerken. Sie beherbergt zudem ein einzigartiges Kunstwerk der Moderne aus dem Jahr 1933: Die nach anthroposophischen Grundsätzen gestaltete Grab-Altar-Kapelle in der ehemaligen Patronatsloge mit drei Buntglasfenster der Kandinsky-Schülerin Maria Strakosch-Giesler.

Der Stillleben- und Portraitmaler Carl Adolf Senff (1785-1863) verbrachte seine letzte Lebenszeit in Ostrau. Sein Wohnhaus am heutigen Carl-Adolf-Senff-Platz sowie seine Grabstätte auf dem Friedhof von Ostrau erinnern an das Wirken des sogenannten „Blumen-Raffael“.

 

Schloss

Harmonisch eingebettet in die historische Kulturlandschaft Sachsen-Anhalts liegt das Barockschloss Ostrau nördlich von Halle (Saale). Ort und Gebäude sind interkulturell geprägt. Das Schloss wurde auf einer slawischen Siedlungsinsel (~ 9. Jh.) errichtet, im französischen Stil entworfen, und von einem der ersten englischen Landschaftsgärten auf deutschem Boden umgeben. Seine Gestaltung ist aus verschiedenen Kunsträumen in Mitteleuropa (Niederlande, Frankreich, Niedersachsen/Sachsen-Anhalt) baukünstlerisch beeinflusst.

1585 erwarb Achaz von Veltheim (1538–1588) die Herrschaft Ostrau. Im Besitz des aus dem Raum Braunschweig stammenden Adelsgeschlechts verblieb das Dorf bis ins Jahr 1945.

Der Bau des Barockschlosses geht auf Otto Ludwig von Veltheim (1672–1714) zurück. Entworfen wurde es höchstwahrscheinlich von Louis Rémy de la Fosse (1659–1726) – Architekt am Hannoveraner, später am Darmstädter Hof – und ab 1710 von Johann Martin Anhalt errichtet.

Die imposante Dreiflügelanlage beindruckt zum einen durch ihre präsente Lage auf der Schlossinsel, zum anderen durch eine markante Fassadengestaltung, in der die Strenge des französischen Barock durch die Leichtigkeit origineller Gestaltungselemente durchbrochen wird.

Nachdem Hans-Hasso von Veltheim (1885–1956) das Schloss 1927 geerbt hatte, ließ er neben umfangreichen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten vor allem den doppelgeschossigen Saal im Südflügel ab 1933 für seine Bibliothek sowie das Ostrauer Gutsarchiv neu gestalten. Das Schloss entwickelte er in mäzenatischer Absicht zu einem Ort der interkulturellen Begegnung und des geistigen Austauschs. Zugleich präsentierte er hier seine beachtliche Kunstsammlung, zu der neben mittelalterlicher und moderner Malerei vor allem Werke aus dem asiatischen Raum gehörten. Zu seinen größten Verdiensten gehört es, seinen Grundsatz eines freien und offenen geistigen Austauschs auch in der Zeit zwischen 1933 und 1945 in Ostrau aufrecht erhalten zu haben.

Nach der sog. „Sozialistischen Bodenreform“ und der Vertreibung Hans-Hasso von Veltheims 1945 wurde das Schloss in kommunaler Verantwortung auf verschiedene Weise genutzt, insbesondere seit 1954 als Schule. Bis 2023 befand sich die Grundschule des Ortes im Mittelflügel der Anlage. Der Südflügel wird seit 1999 für öffentliche kulturelle Veranstaltungen genutzt.

Zusammen mit der Gemeinde Petersberg, der Eigentümerin des Schlosses, entwickelt und realisiert der Schloss Ostrau e.V. seit 2014 eine Nachnutzung für das Schloss, die das Gebäude in eine zukunftsfähige, nachhaltige Nutzung überführen soll: Im Nordflügel betreibt der Schloss Ostrau e.V. seit 2017 das Schloss-Café, dessen Angebot und Ausstattung seither stetig erweitert wird. Das Café bildet die „Keimzelle“ der künftigen Nutzungskonzeption des Schlosses, welche durch Gastronomie, Übernachtungsmöglichkeiten sowie private Feste, öffentliche Kulturevents und eine breite Palette soziokultureller Angebote bestimmt sein soll.

 

Schlosspark

Hinweise auf gärtnerische Anlagen nahe der Schlossinsel in Ostrau gibt es seit Mitte des 16. Jahrhunderts. Durch die fortan erfolgenden Erweiterungen und Umgestaltungen entstand bis ins 20. Jahrhundert ein etwa 14 Hektar großes Gartendenkmal, das in seinem Kernbestand den frühen Landschaftsgärten Deutschlands („Englischer Garten“) zugeordnet werden kann, darüber hinaus jedoch Elemente zahlreicher Epochen der Gartenkunst spiegelt.

Nachdem südlich bzw. östlich des Schlosses gelegene Areale von verschiedenen Mitgliedern der Familie von Veltheim im 17. und zu Beginn des 18. Jahrhundert mit opulenten Lustgärten samt Orangerien, Melonerien und Treibhäusern gestaltet wurden, übernahm Friedrich August von Veltheim (1709–1775) Gut Ostrau. Dieser hatte sich bereits mit der Errichtung eines der ersten Landschaftsgärten nach englischem Vorbild in Deutschland auf seinem Gut in Harbke einen Namen gemacht, bevor er seine dahingehenden Aktivitäten auch auf Ostrau ausdehnte. Bereits um 1760 entstehen englische Anlagen in Ostrau. Im Mittelpunkt der Neugestaltung standen westlich bzw. nördlich der Schlossinsel gelegene Bereiche, so der „Teichgarten“, der „Weingarten“ sowie der „Neue Baumgarten“ mit einer Fasanerie.

Einflussreich für die Entwicklung der Ostrauer Parkanlage war das Wirken des Haus- und Hofgärtner Benjamin Rudolph Schwarzkopf (um 1700–1752) und seines in Ostrau geborenen Sohnes Daniel August Schwarzkopf (1737–1817). Nach umfassender Ausbildung und Reisen u. a. nach England erwarb sich D. A. Schwarzkopf auch bei der Gestaltung der Gärten in Herrenhausen (Hannover) und Weißenstein (Wilhelmshöhe, Kassel) Verdienste.

Im 19. Jahrhundert wurde der Garten in seiner bis dahin bestehenden Ausdehnung insbesondere durch den damaligen preußischen Oberberghauptmann Franz Wilhelm Werner von Veltheim (1785-1839) gestalterisch vollendet. Ludolf Heinrich von Veltheim (1830-1900) erweiterte die Anlage um einen beträchtlichen Teil in nord-westliche Richtung. Hier konnten reizvolle Blickbeziehungen z. B. zum Petersberg und zum Turm der Kirche von Ostrau in die Gartengestaltung mit einbezogen werden.

Hans-Hasso von Veltheim (1885-1956) schließlich bildete mit einem eigens angelegten Wegesystem seine Ansichten einer individualisierten Spiritualität im Park ab: Es entstanden der „Dr. Rudolf-Steiner-Weg“, der „Goethe-Weg“ sowie der „Pfad der Ferne“. War der „Dr.-Rudolf-Steiner-Weg“ dem Begründer der Anthroposophie und dem einen „großen Freund und Lehrer“ Veltheims gewidmet, errichtete Veltheim 1931 am Ende des „Pfads der Ferne“ ein Denkmal für seinen anderen „Freund und Lehrer“, den Sinologen Richard Wilhelm (1873–1930): Auf einem schlichten Sandsteinsockel tronte hier eine aus dem 14. Jahrhundert stammende Granit-Figur einer chinesischen „Gaunyin“ (weiblicher Bodhisattva des Mitgefühls). Darüber war zu lesen: „Wahrlich groß ist der Tod: Die Edlen bringt er zur Ruhe, die Gemeinen aber zur Unterwerfung.“

Seit 2010 gehört der Park als einer von 50 besonders sehenswerten historischen Gärten des Landes Sachsen-Anhalt zum Projekt „Gartenträume – Historische Parks in Sachsen-Anhalt“. Zusammen mit der Gemeinde Petersberg, der Eigentümerin des Parks, realisiert der Schloss Ostrau e.V. nach Kräften die aufwändige Pflege der Gartenanlage. Der Verein organisiert hierzu öffentliche Arbeitseinsätze sowie den Einsatz von Ehrenamtlichen im Rahmen des Bundesfreiwilligendienstes. Führungen sowie Kulturevents wie das Pfingst-Picknick und die Lichter-Nacht locken Park-Fans aus Nah und Fern. Im Rahmen der Winterling-Blüte strömen alljährlich im Februar/März zahlreiche begeisterte Gäste in den Schlosspark.

 

360° Panorama

Spazieren Sie mit Ihren Augen durch den Schlosspark Ostrau!

Durch das Projekt „Gartenträume 360 Grad“ kann man fast alle der 50 Gartenträume-Parks Sachsen-Anhalts von zu Hause aus im Rundumblick genießen -auch den Schlosspark Ostrau. In einigen Bildern gibt es die ein oder andere Überraschung. Tipp: Ton einschalten und neugierig sein! Das Projekt „Gartenträume 360 Grad“ wurde durch das Land Sachsen-Anhalt gefördert.

Wir danken dem Gartenträume- Historische Parks in Sachsen-Anhalt e.V. für die Bereitstellung der Panoramen unseres Parks sehr herzlich.

Alle Panoramen hier.

 

Patronatskirche

Bereits im Jahr 1125 ist eine Kirche im Dorf Ostrau belegt. 1698 setzte Otto Ludwig von Veltheim einen vollständigen Neubau ins Werk, der sich durch eine reiche Ausstattung mit filigranen Schnitzwerken sowie einer imposanten Orgel aus der Werkstatt Andreas Theißners (1652–1708) auszeichnete.

1704 wurden Kirche und Orgel mit eigens für diesen Anlass vom Helmstedter Organisten Johann Justus Kahle (1668–1740) komponierten Kantaten im Rahmen eines festlichen Gottesdienstes eingeweiht. Neben Kahle examinierte auch Friedrich Wilhelm Zachow (1663-1712), Director musices an der Marktkirche Halle und Händels hallescher Lehrer, 1704 die neue Ostrauer Orgel.

Neu errichten ließ Otto Ludwig Veltheim neben einer Grableg für seine Familie unter dem Altarraum, eine reich geschmückte Patronatsloge an der Nordseite des Kircheninnenraums. Hier ließ Hans-Hasso von Veltheim 1933 eine nach anthroposophischen Grundsätzen gestaltete Grab-Altar-Kapelle als seine letzte Ruhestätte errichten.

Heute betreibt das Evang. Kirchspiel Ostrau die Kirche und nutzt sie im Rahmen von Gottesdiensten und kulturellen Veranstaltungen. Kirche und Garb-Altar-Kapelle werden im Rahmen von Führungen durch den Schloss Ostrau e.V. der Öffentlichkeit erschlossen.

 

Grab-Altar-Kapelle

Mit der Gestaltung und Plaung der Grab-Altar-Kapelle betraute Veltheim den Stuttgarter Architekten Felix Kayser. Die drei beeindruckenden farbigen Glasfenster, in denen sich christliche sowie religiöse Motive des asiatischen Kulturkreises finden, schuf die Anthroposophin Maria Strakosch-Giesler.

Die Grab-Altar-Kapelle ist, da es keine zweite ihrer Art geben dürfte, zum einen ein Unikat anthroposophischer Architektur, zum anderen sichtbarer Ausdruck des individuellen, religiös-spirituellen Weges Hans-Hasso von Veltheims. Dessen Wunsch, im Grab-Altar der Kapelle beigesetzt zu werden, konnte erst 1991, 35 Jahre nach seinem Tod, entsprochen werden.